Nach den neuen Vorschriften müssen Unternehmen drei strikte Bedingungen erfüllen, bevor Waren und Produkte auf den EU-Markt gebracht werden dürfen. Bei Nichteinhaltung drohen Strafen und ein Verbot des Zugangs zum EU-Markt bzw. der Ausfuhr aus diesem.
Zusammenfassung:
- Die vom EU-Rat im Mai 2023 verabschiedete EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung (EUDR) legt neue Regeln fest, die darauf abzielen, das Risiko der Entwaldung und Waldschädigung im Zusammenhang mit Produkten, die auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht oder aus diesem ausgeführt werden, zu minimieren.
- Die Verordnung schreibt eine Sorgfaltspflicht für alle Marktteilnehmer und Händler vor, welche die folgenden Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen, bereitstellen oder aus diesem ausführen: Palmöl, Rind-Erzeugnisse, Holz, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Soja.
- Gemäß der EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung sind Unternehmen verpflichtet, drei strenge Bedingungen zu erfüllen, bevor sie Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen dürfen. Dazu gehören (1) ein Stichtag für die Entwaldung der entsprechenden Flächen (31. Dezember 2020), (2) die Einhaltung der lokalen Gesetzgebung und (3) eine Sorgfaltserklärung, die auch eine entsprechende Überprüfung beinhaltet.
- Bei Nichterfüllung dieser Bedingungen können Rohstoffe und Erzeugnisse weder in die EU eingeführt noch aus der EU ausgeführt werden.
- Die neuen Vorschriften könnten Unternehmen und Lieferanten vor eine Reihe möglicher Herausforderungen stellen. Unter anderem könnten sie den Wettbewerb um zulässige Rohstoffe verschärfen, hohe Übergangskosten verursachen und Kleinerzeuger vom Unionsmarkt ausschließen.
Die Entwaldung, die maßgeblich zu den Treibhausgasemissionen (THG), dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Störung des globalen Wasserkreislaufs beiträgt, ist eine komplexe Herausforderung für die Nachhaltigkeit – mit weitreichenden Folgen. Obwohl entwaldungsfreie Lieferketten für die Bewältigung der Krise in den Bereichen Klima und biologische Vielfalt von grundlegender Bedeutung sind, handeln Unternehmen und Finanzinstitute nicht schnell genug, um die rohstoffbedingte Entwaldung zu stoppen. Knapp 24 % der Unternehmenseinnahmen hängen von Rohstoffen ab, die mit der Entwaldung in Verbindung stehen. Unternehmen, die auch weiterhin untätig bleiben, riskieren sowohl kurz- als auch langfristig ihr Überleben.
Die vom EU-Parlament im April 2023 und vom Europäischen Rat im Mai 2023 verabschiedete EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung (EUDR) soll dies ändern. Sie enthält eine Reihe verbindlicher Sorgfaltspflichten für Unternehmen, die Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen, bereitstellen oder aus diesem ausführen.
Nachfolgend erfahren Sie, was Unternehmen wissen müssen, um sich auf diese wichtige Veränderung vorbereiten zu können.
Neue Vorschriften zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung
Die Entwaldung tropischer Regenwälder wird wie folgt definiert: „die Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftlich genutzte Flächen – einschließlich der Umwandlung von Urwäldern oder natürlich entstandenen Wäldern in Plantagenwälder oder andere bewaldete Flächen –, unabhängig davon, ob sie vom Menschen herbeigeführt wird oder nicht“. Sie ist mit einem Anteil von etwa 20 % an den weltweiten Treibhausgasemissionen einer der Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen und verantwortlich für einen erheblichen Teil der Auswirkungen, die Unternehmen auf Landflächen haben.
Die Abholzung von Wäldern zerstört nicht nur eine wichtige Kohlenstoffsenke (allein in den tropischen Regenwäldern sind zwischen 228 und 247 Gigatonnen CO2 gespeichert, also das Siebenfache der CO2-Emissionen, die der Mensch jedes Jahr ausstößt), sondern trägt durch die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen auch zum Verlust der biologischen Vielfalt bei, was die größte Bedrohung für die Arten darstellt. Die Entwaldung stört auch den Wasserkreislauf, was unter anderem zu geringeren Niederschlagsmengen und stärkerer Bodenerosion führt. Die Eindämmung der weltweiten Entwaldung ist sowohl für die Erreichung der angestrebten umwelt- als auch der klimapolitischen Ziele unerlässlich.
Die EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung wird Unternehmen verpflichten, innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Maßnahmen zu ergreifen. Bei Nichteinhaltung drohen Strafen. Die Verordnung gilt für sieben Rohstoffe: Rind-Erzeugnisse, Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja und Holz. Die Vorschriften finden auch auf „Folgeprodukte“ Anwendung. Hierbei handelt es sich um Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, um Tiere, die mit diesen Rohstoffen gefüttert wurden, oder um Produkte, die unter Nutzung dieser Rohstoffe hergestellt wurden (wie Schokolade, Möbel und Leder).
Die EUDR ist gegenwärtig nur auf Waldökosysteme ausgerichtet und lässt andere wichtige bewaldete Ökosysteme mit einer großen biologischen Vielfalt oder einer hohen Kohlenstoffspeicherungsleistung, wie Feuchtgebiete oder Torfmoore, außer Acht. Über die Einbeziehung dieser weiteren Ökosysteme wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Gemäß EUDR sind Unternehmen verpflichtet, drei strenge Bedingungen zu erfüllen, bevor sie Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen dürfen. Für Erzeugnisse und Rohstoffe gilt:
- Sie müssen entwaldungsfrei sein oder auf Flächen produziert werden, die nach dem Stichtag, nämlich dem 31. Dezember 2020, weder Entwaldung noch Waldschädigung ausgesetzt waren.
- Sie müssen legal sein und in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften des Produktionslandes hergestellt werden.
- Für diese Erzeugnisse und Rohstoffe müssen eine Sorgfaltserklärung UND überprüfbare Informationen (wie Rückverfolgbarkeit, laufende Überwachung usw.) vorgelegt werden, aus denen hervorgeht, dass sie nicht mit Flächen in Verbindung stehen, die nach dem Stichtag (31. Dezember 2020) entwaldet wurden.
Bei Nichterfüllung dieser Bedingungen können Rohstoffe und Erzeugnisse weder in die EU eingeführt noch aus der EU ausgeführt werden.
Mit der EUDR wird auch ein Benchmarking-System eingeführt: In diesem System wird EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern eine Risikokategorie im Zusammenhang mit Entwaldung und Waldschädigung zugewiesen (niedrig, standardmäßig oder hoch). Dabei wird die Ausweitung der Landwirtschaft für die Produktion der sieben Rohstoffe und Folgeprodukte berücksichtigt. Je nach Risikokategorie ergeben sich für die Unternehmen entsprechende Verpflichtungen.
Die Verordnung wurde sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom Europäischen Rat verabschiedet. In einem nächsten Schritt wird sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und 20 Tage nach dieser Veröffentlichung in Kraft treten. Marktteilnehmer und Händler (siehe nachstehende Definitionen) haben für die Umsetzung 18 Monate Zeit, Kleinst- und Kleinunternehmer 24 Monate. Darüber hinaus gelten weitere besondere Bestimmungen. Unternehmen, die die Vorschriften nicht erfüllen, drohen Geldbußen in Höhe von bis zu 4 % des Unternehmensumsatzes in einem EU-Mitgliedstaat. Unternehmen in der Europäischen Union werden zur Durchsetzung der Vorschriften Kontrollen durchführen.
Wer wird von der EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung betroffen sein?
In der EU-Verordnung zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung wird zwischen Marktteilnehmern und Händlern unterschieden:
Marktteilnehmer: jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt oder aus dem Unionsmarkt ausführt.
Händler: jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, abgesehen vom Marktteilnehmer, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt bereitstellt.
Sowohl die Marktteilnehmer als auch die Händler müssen eine Sorgfaltsprüfung durchführen und nachweisen, dass ihre Erzeugnisse, die auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht oder aus diesem ausgeführt werden sollen, sowohl entwaldungsfrei als auch legal sind.
Mögliche Herausforderungen
Verschärfter Wettbewerb um konforme Rohstoffe:
Aufgrund der verkürzten Fristen könnten mehr konforme Rohstoffe nachgefragt werden, als zur Verfügung stehen, da die Lieferanten Schwierigkeiten haben, die Anforderungen zu erfüllen. Dies kann zu Unterbrechungen der Produktion und der Lieferkette führen, was wiederum mit finanziellen Verlusten und wirtschaftlichen Unsicherheiten einhergeht.
Verlagerungen in den Beschaffungsgebieten
Da der Schwerpunkt der Verordnung auf der Lieferkette liegt, werden viele Unternehmen Neuland betreten müssen. Dies könnte sich als schwierig und kostspielig erweisen, da derartige Prozesse mit einer Reihe von Anpassungen und Maßnahmen verbunden sein dürften. Ohne Anreize werden die Unternehmen eher dazu tendieren, größere Produktionseinheiten in risikoarmen Regionen zu wählen, anstatt Rohstoffe aus Hochrisikogebieten zu beziehen. Dadurch werden die Unternehmen zwar möglicherweise in die Lage versetzt, die Entwaldungsrisiken, die mit ihren eigenen Lieferketten einhergehen, zu verringern, doch bringt dies keinen wirklichen Fortschritt im Hinblick auf die Herausforderung, die mit der Verordnung angegangen werden soll: das Beenden der Entwaldung. Exportunternehmen können die wachsende Nachfrage in anderen Gebieten ohne Entwaldungsauflagen befriedigen. Allerdings besteht die Gefahr, dass Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen vom Unionsmarkt ausgeschlossen werden. Anstatt die Rohstoffe in anderen Regionen zu beschaffen, müssen die Unternehmen ihre bisherigen Beschaffungsgebiete dabei unterstützen, Praktiken, die zur Entwaldung beitragen, anzupassen.
Ausmaß und Schnelligkeit der Umsetzung
Auch wenn es die Technologie, die für die Umsetzung der EUDR benötigt wird, bereits gibt, wird dies dennoch ein kostspieliger und komplexer Prozess werden. Die Unternehmen müssen herausfinden, welche Schlüsseltechnologien (beispielsweise Satellitenbilder) sie nutzen sollten und mit welchen Partnern in ihrer Lieferkette sie zusammenarbeiten können, um die nachweisgestützte Rückverfolgbarkeit zu verbessern. Darüber hinaus sollten die Unternehmen einen Verhaltenskodex für ihre Lieferanten erarbeiten und ihre Lieferanten überprüfen, indem sie einen Nachweis über die Einhaltung der Vorschriften mittels Satellitenaufnahmen der Produktionsstätten verlangen.
Wie können sich Unternehmen schon jetzt vorbereiten?
- Sie sollten EUDR-konforme Verpflichtungszusagen und Beschaffungsstrategien festlegen. Die Unternehmen müssen den Geltungsbereich, das Zieldatum, den Stichtag und die zusätzlichen Offenlegungsdaten, die in Form von geografischen Angaben zu den Betrieben oder DNA-Markern für die Produkte bereitzustellen sind, berücksichtigen. Die Accountability Framework Initiative (AFi) stellt Unternehmen ein Rahmenwerk zur Verfügung, das ihnen bei der Festlegung von Stichtagen und der Zusammenarbeit mit Lieferanten hilft. Sie ist mit den SBTN-, SBTi- und THG-Protokollen abgestimmt.
- Sie sollten Investitionen in Rückverfolgbarkeits- und Überwachungssysteme tätigen. Um die Vorschriften einhalten zu können, müssen die Unternehmen in der Lage sein, die Herkunft ihrer Produkte bis zum Ursprung und zur jeweiligen Region zurückzuverfolgen. Außerdem benötigen sie Überwachungssysteme, um feststellen zu können, ob die entsprechenden Flächen nach dem Stichtag entwaldet wurden. Schließlich müssen sie Beschwerdemechanismen einrichten, die bei Nichteinhaltung der Vorschriften greifen, damit die Entwaldung eingedämmt und wieder rückgängig gemacht werden kann.
- Sie sollten einen Plan für die Umsetzung ausarbeiten. Unternehmen können zur Einhaltung der EUDR Folgendes nutzen:
- Firmensysteme und Nachhaltigkeitsprogramme
- Gemeinschaftliche Ansätze, die Lieferanten und Interessengruppen einbeziehen
- Interne und regionale Zertifizierungssysteme, die EUDR-konform sind
- Sie sollten eine langfristige strategische Unternehmensplanung entwickeln. CEOs und andere Mitarbeitende in Führungspositionen müssen bei der Entwicklung einer langfristigen strategischen Unternehmensplanung alle Fragen im Zusammenhang mit der Entwaldungsproblematik mit einbeziehen. Das Thema Entwaldung muss im Zentrum der Unternehmensstrategie stehen – nicht an letzter Stelle.
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