Der Wiederverkauf bringt eine neue Effizienz in einen Sektor, der von Überproduktion und Überkonsum gekennzeichnet ist.
Die Kreislaufwirtschaft ist für viele Mode- und Sportartikelmarken zu einem wichtigen Thema geworden. Sie suchen nach Wegen, um ihre Umweltauswirkungen zu verringern und ihre Verpflichtungen in den Bereichen Klima, Biodiversität, Wasser und Abfall besser zu erfüllen. Chancen für Disruption und Veränderung gibt es zuhauf. Doch wenn die Branche die planetaren Belastungsgrenzen berücksichtigen möchte, reicht es nicht aus, ihr derzeitiges System anzupassen. Es geht vielmehr darum, die derzeitigen Geschäftsmodelle zu ändern, um eine neue Zukunft für die Mode zu gestalten. Dies ist der erste einer Reihe von Artikeln (hier und dort), die sich mit den verschiedenen Ansätzen für eine Transformation auf Systemebene befassen.
Da das Thema Kreislaufwirtschaft in der Mode- und Sportartikelbranche ganz oben auf der Agenda steht, setzen immer mehr Marken im ersten Schritt auf Wiederverkaufs- und Aufarbeitungsprogramme. Ziel dieser Programme ist es, die unzähligen Umweltauswirkungen der Branche abzumildern, ihren Ruf zu verbessern und das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen. Mit einem Volumen von 25 bis 30 Milliarden US-Dollar stellt der Wiederverkauf eine große Veränderung für die Branche und ihre Arbeitsweise dar. Er bietet den Marken aber auch vielfältige Möglichkeiten, ihren Wert zu steigern, ihre Widerstandsfähigkeit zu verbessern und gleichzeitig die von ihnen ausgehende Umweltbelastung zu verringern.
Ein neuer Look für Geschäftsmodelle in der Modebranche
Resale-Programme können als Systeme beschrieben werden, die darauf abzielen, durch die Wiederverwendung von bereits auf dem Markt befindlichen Produkten Einnahmen zu erzielen. Im Kern zielen Resale-Programme darauf ab, das Markenwachstum von der traditionellen Produktion zu entkoppeln, indem sie Einnahmen auf eine Art und Weise generieren, die das Produktionswachstum – und damit den ökologischen Fußabdruck einer Marke – nicht erhöht.
Wie geht das genau? Der Wiederverkauf verspricht, mit weniger mehr zu erreichen, indem er die Lebensdauer der Kleidung verlängert, sodass weniger neue Kleidung erzeugt werden muss. Das hat insofern einen Dominoeffekt, als der Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Energie die Entstehung von Textilabfällen und viele andere Faktoren verringert werden. Letztendlich setzt der Wiederverkauf für die Effizienz in einem Sektor, der von Überproduktion und Überkonsum gekennzeichnet ist, völlig neue Maßstäbe.
In der Praxis funktioniert der Resale ähnlich wie der herkömmliche Neukauf von Kleidung, bei dem die Verbraucher neue Kleidungsstücke in Markengeschäften, Einkaufszentren, auf E-Commerce-Websites von Marken oder bei Onlinehändlern kaufen. Der Hauptunterschied liegt darin, dass die gekauften Kleidungsstücke nicht neu sind. Neben der Rücknahme von Kleidungsstücken ehemaliger Kunden können C2B2C-Programme auch wertsteigernde Dienstleistungen wie Reparatur, Reinigung oder Qualitätsprüfung anbieten. Auch der B2B-Wiederverkauf als Service (RaaS) ist möglich.
Die richtige Passform finden
Der Erfolg auf dem Wiederverkaufsmarkt hängt, ähnlich wie auf dem konventionellen Markt, davon ab, dass der wahrgenommene Wert der Produkte erhalten bleibt. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Wert mit Bequemlichkeit, Qualität, Langlebigkeit, Exklusivität oder einem Trend assoziiert wird. Das bedeutet, dass jede Marke die Chance hat, sich ihren Platz in der Kreislaufwirtschaft zu sichern.
Damit der Wiederverkauf für Ihre Marke funktioniert, müssen Sie sich zunächst fragen, warum die Verbraucher Ihre Marke schätzen. Wenn die Antwort niedrige Preise und neueste Trends lautet, können Lösungen wie Verleih, Peer-to-Peer-Resale oder andere Systeme in Frage kommen, die auf ein eher flüchtiges Besitzverhalten ausgerichtet sind. Sie bieten Marken die Möglichkeit, die Nutzung zu maximieren, ohne zur Befriedigung der Nachfrage zu viel zu produzieren. Systeme mit sehr langlebigen Produkten, bei denen Authentifizierung und Qualitätsüberprüfung großgeschrieben werden, können hingegen eher für Marken geeignet sein, die auf ihre Exklusivität Wert legen. Produkte, die über die Zeit hinweg ihren Wert behalten, werden von den Verbrauchern als Investitionen angesehen und sind auf dem Sekundärmarkt stets begehrt.
Marken, die für ihre Leistung geschätzt werden – insbesondere Schuh-, Sportartikel- und Oberbekleidungsmarken –, können wertsteigernde Maßnahmen wie Reparaturen, Aufarbeitungen und Wartung anbieten. Auf diese Weise können Kleidung und Ausrüstungsgegenstände durch Änderungen, Reinigung und mehr in einem guten Zustand erhalten werden.
Wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, erkennen Marken, dass der Wiederverkauf ihre Wachstumsmodelle fördert, anstatt ihnen zu schaden. Dies bietet ihnen die Chance, eine engere Kundenbindung und neue Berührungspunkte mit den Verbrauchern zu schaffen. Diese Systeme eröffnen einen völlig neuen Kanal für Verbraucheraufklärung und Verhaltensänderung.
Was ist Erfolg? Die Antwort liegt in der Ersatzrate
Wiederverkaufs- und Aufarbeitungsprogramme bieten Unternehmen die Chance, ihre Nachhaltigkeit unter Beweis zu stellen. Dazu müssen sie aber niedrigere Produktionsmengen vorweisen können. Ohne diesen wichtigen Schritt sind Wiederverkaufs- und Aufarbeitungsprogramme kaum mehr als ein Marketing-Gag. Marken, die wollen, dass ihre Programme mehr sind als Standard-Angebote oder bloßes Futter für ihre PR-Strategie, müssen die Produktionsmengen im Laufe der Zeit reduzieren und ihre Geschäftsmodelle schließlich so umgestalten, dass der Wiederverkauf zu einem Eckpfeiler ihrer Verkaufsstrategien wird.
Viele glauben, dass Wiederverkauf automatisch mit Nachhaltigkeit gleichzusetzen ist. Doch in Wahrheit ist die Sache etwas komplizierter. Es handelt sich um ein Konzept, das auf der sogenannten Ersatzrate basiert – dem Ausmaß, in dem der Kauf eines gebrauchten oder aufgearbeiteten Produkts die Marktnachfrage und die Produktion eines neu hergestellten Produkts ersetzen kann. Und hier wird es knifflig: Es hat sich gezeigt, dass niedrige Ersatzraten die ökologischen Vorteile der Wiederverwendung von Kleidungsstücken zunichte machen, je nachdem, welche Rücknahmelogistik, welche Verarbeitung oder welche Reparaturen für den Wiederverkauf der Produkte erforderlich sind. Um die Umweltvorteile von Wiederverkaufsprogrammen zu maximieren, benötigen Marken also hohe Ersatzraten. In der Praxis können diese jedoch stark variieren: Sie liegen nicht immer bei 1:1 oder 100 %.
Dies mag zwar wie ein Problem des Verbraucherverhaltens klingen, ist aber in Wahrheit eine Frage der Markenverantwortung. Höhere Ersatzraten sind nur möglich, wenn die Marken ihre Produktionsgewohnheiten ändern und einen besseren Zugang zu Second-Hand-Produkten bieten. Je einfacher es für die Verbraucher ist, gebrauchte Kleidungsstücke zu kaufen, zu pflegen und zurückzugeben, desto höher werden die Ersatzraten steigen. Aus diesem Grund sind die Marken, denen es gelungen ist, erfolgreiche Resale- und Aufarbeitungsprogramme zu entwickeln – sowohl unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit als auch aus finanzieller Sicht –, diejenigen, die den Wiederverkauf zu einem Kernbestandteil ihres Geschäftsmodells gemacht haben und sich vor allem darauf konzentrieren, hohe Ersatzraten zu erzielen.
Wie können Marken hohe Ersatzraten für ihr Resale- oder Modernisierungsprogramm erreichen? Das ist eine Frage des wahrgenommenen Wertes. Wenn die Verbraucher die Produkte, die Marken auf dem Sekundärmarkt anbieten, wertschätzen, werden sie ihre Kleidungsstücke nicht nur häufiger kaufen, sondern auch besser pflegen.
Resale ist seit Jahren im Zusammenhang mit Begriffen wie „Second Hand“ oder „Vintage“ bekannt. Um jedoch sein Potenzial für die Verringerung schädlicher Umweltauswirkungen freizusetzen, muss sich sein Image verändern. Vintage und Second Hand sprechen eine bestimmte Verbrauchergruppe an – diejenigen, die gerne nach verborgenen Schätzen suchen. Da draußen gibt es aber noch viele andere Konzepte, die darauf warten, definiert und entwickelt zu werden. Es liegt an jeder Marke, die für sie passenden zu finden.
Hindernisse in Chancen verwandeln
Sind Sie bereit, den Wiederverkauf für Ihre Marke zu nutzen? Es gibt zwei Möglichkeiten, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben.
Marken können sich für ein markengestütztes Peer-to-Peer-System entscheiden oder ein umfassendes Rückkaufprogramm mit Rücknahmelogistik, Bestandsverwaltung und/oder Authentifizierung und Reparaturen entwickeln. Die Einstiegshürden für Wiederverkaufssysteme sind vielfältig und unterscheiden sich je nach der Ausgestaltung des Systems. Bei Rückkaufprogrammen (Buy-Back) und anderen ähnlichen Konzepten können dies komplexe Rücknahmelogistiksysteme, ein hoher Arbeitsaufwand für die Qualitätssicherung oder Authentifizierung und hohe Kosten für Drittanbieter sein, wenn diese Schritte ausgelagert werden. Peer-to-Peer-Systeme hingegen haben deutlich niedrigere Einstiegshürden, da die Marken in diesem Fall keine physische Infrastruktur aufbauen und verwalten müssen. Im Vergleich zu Rückkaufprogrammen haben sie jedoch Nachteile bei der Kontrolle der Produktqualität und -pflege.
Auch wenn die tatsächlichen Nachhaltigkeitsvorteile von Resale-Programmen auf der Grundlage der Ersatzrate und des Markenwerts nicht klar unterscheidbar sind, ist die Botschaft für die Branche klar: Durch die Entkopplung der traditionellen Produktion vom Markenwachstum kann sichergestellt werden, dass die Ziele der Kreislaufwirtschaft auf finanziell und ökologisch nachhaltige Weise erreicht werden. Dies kann viele Türen zu neuen Einnahmequellen öffnen und strategische Hebel zur Reduzierung der Umweltbelastung ins Blickfeld rücken. Effektive Resale-Programme tragen letztlich zu einem breiteren Markenbewusstsein, einem größeren Marktanteil und treueren Kunden bei und gewährleisten gleichzeitig eine bessere, sauberere Zukunft im Einklang mit den planetaren Belastungsgrenzen.