Wenn Sie darüber nachdenken, in Ihrem Unternehmen einen Chief Sustainability Officer (CSO) einzusetzen, dann brauchen Sie wahrscheinlich auch einen.

Präsentation der Nachhaltigkeitsstrategie durch den CSO in seinem Unternehmen

Ein CSO kann Sie bei der Ausrichtung Ihres Geschäftsmodells auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens unterstützen. So lässt sich diese Strategie in die Unternehmenskultur und das übergeordnete Unternehmensziel einbetten. Innovationen können so gefördert und Partner und Zulieferer optimal eingebunden werden.

Zusammenfassung:

  • Immer mehr Unternehmen ernennen einen Chief Sustainability Officer, der oder die ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit koordiniert.
  • Managementaktivitäten auf Führungsebene im Bereich Nachhaltigkeit gewinnen aufgrund der komplexen Anforderungen der „doppelten Wesentlichkeit“ zunehmend an Bedeutung. Unternehmen sind verpflichtet, ihr ESG-Management im Blick zu behalten und gleichzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um auf den Einfluss von Umwelt und Gesellschaft auf ihr Unternehmen zu reagieren.
  • Ernennt das Unternehmen einen Chief Sustainability Officer, lassen sich Chancen mitunter leichter erkennen und Risiken auf eine Weise bewältigen, die zum Gesamterfolg des Unternehmens beiträgt.

Seit Linda Fisher 2004 bei DuPont als Chief Sustainability Officer (CSO) eingesetzt wurde – sie soll der erste CSO eines börsennotierten US-Unternehmens gewesen sein –, hat die Behandlung von Fragen rund um die Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) auf Führungsebene erheblich an Bedeutung gewonnen.  

Die gegenwärtige Nachfrage nach ESG-Führungspersönlichkeiten ist „unübertroffen und unvermindert hoch.“ Laut Harvard Law School Forum on Corporate Governance wurde die Position des Nachhaltigkeitsbeauftragten bei knapp über einem Drittel der für diese Position kürzlich in ihrem Unternehmen ernannten Personen zum ersten Mal besetzt. Daraus wird erkennbar, wie jung die Funktion des CSO ist – und wie rasant sie sich in den vergangenen zwei Jahren entwickelt hat.

Die Entwicklung des unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements

Es gibt Hinweise darauf, dass 100 % der für Corporate Affairs zuständigen Führungskräfte in den kommenden 12 Monaten neue Mitarbeitende einstellen wollen, um ihr Fachwissen im Bereich ESG zu erweitern.

Allerdings können sich Unternehmen angesichts der wachsenden Bedeutung von ESG-Investitionen nicht mehr nur auf ihre eigenen Aktivitäten konzentrieren, sondern müssen auch die Auswirkungen ihrer gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigen – Lieferanten und Kunden eingeschlossen. Mit der wachsenden Anzahl an Nachhaltigkeitsinitiativen hat sich die Umsetzung wichtiger ESG-Aspekte verlagert; die Aufgaben werden zunehmend auf Führungsebene erledigt,, und das zu Recht. 

Viele Jahre lang war das Thema ESG Sache der Abteilung „Investor Relations“. Aufzeichnungen der Saïd Business School der Oxford University ist zu entnehmen, dass 2018 lediglich 18 % der befragten Unternehmen der Meinung waren, dass ESG-Risiken zu den drei Hauptrisiken für die globale Wirtschaft gehören. Bereits 2021 erhöhte sich diese Zahl in derselben Umfrage auf 46 %. „Heute sind Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die ESG-Kriterien für die Außenwirkung eines Unternehmens entscheidend. Sie bestimmen die Beziehungen zwischen den verschiedenen Interessengruppen und den Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen“, heißt es weiter. 

Da jedoch die Funktion des CSO nicht klar definiert oder vereinheitlicht wurde, unterscheiden sich seine Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten von Unternehmen zu Unternehmen erheblich. Bis zu einem gewissen Grad ist dies durchaus nachvollziehbar, zumal die Unternehmen im Hinblick auf ihre Anstrengungen um mehr Nachhaltigkeit ganz unterschiedlich aufgestellt sind und je nach Geschäftstätigkeit andere Prioritäten setzen. Einige stehen noch ziemlich am Anfang ihrer Reise, setzen sich Ziele und leiten wichtige Veränderungen in ihren Niederlassungen in die Wege. Damit wollen sie sich von der bloßen Einhaltung der Vorschriften zu einer gesteigerten Energie- und Ressourceneffizienz hin entwickeln. Einige haben sich wissenschaftlich fundierte Ziele gesetzt und agieren innovativ, um die Net-Zero-Ziele in den kommenden Jahren zu erreichen.

Braucht Ihr Unternehmen einen Chief Sustainability Officer?

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, inwieweit Sie Ihre ESG-Ziele bereits umsetzen konnten. Wenn Sie noch ganz am Anfang dieser Entwicklung stehen, liegt Ihr Hauptaugenmerk zweifelsohne auf der Einhaltung der geltenden ESG-Vorschriften. Dazu bedarf es einer starken Führungsstruktur, die jedoch nicht unbedingt auf Managementebene angesiedelt sein muss.

Allerdings ist die Zahl der Unternehmen in dieser Kategorie rückläufig.  Die Ernennung eines CSO ist besonders empfehlenswert, da die ESG-Initiativen immer ausgeklügelter werden und sich durch immer mehr Bereiche des Unternehmens ziehen. Sowohl Verbraucher als auch Aufsichtsbehörden drängen Unternehmen verstärkt dazu, ganzheitlichere Nachhaltigkeitsprogramme zu entwickeln, die sich mit den Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt befassen und dabei auch die gesellschaftlichen Verwicklungen mit einbeziehen. Für den Umgang mit diesen Überlegungen zur Aufrechterhaltung der „positiven Wahrnehmung und Akzeptanz“ des Unternehmens braucht es strategisches Geschick. 

Ein CSO kann Ihre ESG-Agenda mit Programmen und Initiativen umgestalten (wobei Reporting, Measurement und Kommunikation mit den Stakeholdern nach wie vor eine wichtige Rolle spielen), aber auch dafür sorgen, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit stärker in die Geschäftstätigkeit des Unternehmens integriert wird. Im Gegensatz zu ESG-Managern in niedrigeren Positionen tragen Chief Sustainability Officer aktiv zur Entwicklung Ihres Unternehmens bei, indem sie Innovationschancen nutzen und zahlreiche ESG-Risiken oder sonstige Risiken minimieren.

Ein CSO kann Sie bei der Ausrichtung Ihres Geschäftsmodells auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens unterstützen und anschließend diese Strategie so in die Unternehmenskultur und das übergeordnete Unternehmensziel einbetten, dass Innovationen gefördert und Partner und Zulieferer optimal eingebunden werden. In diesem Zusammenhang spielen Zusammenarbeit, Orchestrierung und Wissensmanagement eine wichtige Rolle. Zudem sind außergewöhnliche Kommunikationsfähigkeiten erforderlich, die dazu eingesetzt werden können, ein breites Spektrum interner und externer Interessengruppen, die unterschiedliche und manchmal auch konkurrierende Ansichten und Ziele haben, zu überzeugen und für das Thema zu begeistern und zu gewinnen. Letztendlich gibt es noch viel zu tun, bevor das Thema Sustainability fester Bestandteil aller Funktionen und Prozesse und in den Köpfen aller Beteiligten präsent ist.

Sustainability wird zunehmend komplexer

Wir müssen uns darüber im Klaren werden, dass es immer schwieriger wird, die Untiefen der Nachhaltigkeit zu durchschiffen. Ein CSO kann Sie dabei unterstützen, die Wogen zu glätten, vor Ihnen liegende Eisberge zu erkennen und leichtere und kürzere Wege zu finden, die Sie zu Ihrem Ziel führen. Wie George Serafeim, außerordentlicher Professor an der Harvard Business School, feststellt, „ist der CSO derjenige, der den Wandel vorantreibt: Er kann erkennen, wie sich die Zukunft entwickeln und wie sich die gesellschaftlichen Erwartungen, die Vorschriften und das Geschäftsumfeld in Zukunft verändern werden. Ein CSO ist ein Visionär. Er oder sie entscheidet, was sich ändern muss, wenn es um die Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinem Umfeld sowie die Position des Unternehmens im breiteren gesellschaftlichen Kontext geht.“

Da es immer wichtiger wird, den Einfluss von Unternehmen auf die Umwelt und die Gesellschaft besser in den Griff zu bekommen und die Auswirkungen von Umwelt und Gesellschaft auf die Unternehmen sowie die damit verbundenen Risiken und Chancen richtig zu handhaben, steigt auch die Nachfrage nach CSO, die diese Aufgabe in die Hand nehmen. Dieses Konzept der „doppelten Wesentlichkeit“ wurde 2019 von der Europäischen Kommission in ihren Richtlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung offiziell vorgeschlagen. So wurden Unternehmen dazu angehalten, wichtige Aspekte aus zwei Blickwinkeln zu betrachten: Welche Auswirkungen haben bestimmte Dinge auf den Unternehmenswert und welche ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen, die ein breites Spektrum von Interessengruppen betreffen, haben die Aktivitäten des Unternehmens? Vor allem aber wurden die Unternehmen dadurch angeregt, sich Gedanken darüber zu machen, wie diese zusammenhängen.

Dies wird auch durch die neue EU-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) gefördert. In diesem Papier werden Unternehmen aufgefordert, über Nachhaltigkeitsfragen zu berichten, die sowohl in finanzieller Hinsicht für den Unternehmenswert als auch für den Markt, die Umwelt und die Gesellschaft von Bedeutung sind.

Viele der weiteren Geschäftsrisiken und -chancen, die sich am besten mit einem CSO bewältigen bzw. nutzen lassen, werden durch die Anforderungen aufgezeigt, die von der Task Force on Climate-related Financial Disclosures festgelegt wurden. So bringt beispielsweise der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft eine Fülle an politischen, rechtlichen, marktwirtschaftlichen, reputationsbezogenen und technologischen Risiken mit sich, die es zu verstehen, zu bewerten und so zu handhaben gilt, dass Geschäftsinteressen und Marktanteile geschützt werden. 

Die Schaffung einer planetaren Wirtschaft erfordert auch innovative Produkte und Dienstleistungen sowie Diversifizierung, Energie- und Ressourceneffizienz und eine geschickte Anpassung an sich schnell verändernde Märkte. Darüber hinaus müssen Mittel und Wege gefunden werden, um die zunehmend anspruchsvollen Verbraucher im Einklang mit den Belastungsgrenzen unserer Erde zufriedenzustellen. Und es ist Sache des Managements, sich um all dies zu kümmern.

Ein wichtiger Schritt in die Zukunft: der Chief Sustainability Transformation Officer (CTSO)

Inzwischen besetzen immer mehr führende globale Unternehmen die Rolle des CSO. Die meisten von ihnen veröffentlichen einen Nachhaltigkeitsbericht und verwenden dabei Kennzahlen, die unterschiedlichen Standards genügen. Viele Unternehmen haben sich mittlerweile wissenschaftlich fundierte Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen gesetzt.

 Aber nur sehr wenige haben damit begonnen, in ihrem Unternehmen Veränderungen einzuleiten, die die planetaren Grenzen unserer Erde berücksichtigen. Um die Nachhaltigkeit voranzutreiben, könnten Unternehmen beispielsweise folgende tiefgreifende Maßnahmen in puncto Integration und Verhaltensänderung ergreifen:

  •   Berücksichtigung von Klimabilanzdaten bei Produkten und Dienstleistungen im Sinne einer besseren Entscheidungsfindung;
  •   Einbindung der Verbraucher durch umfassende Transparenz, die zu positiven Verhaltensänderungen führt;
  •   Zielvorgaben für Zulieferer und Bereitstellung von Instrumenten und Schulungen zur Verbesserung ihrer Umweltleistung;
  •   Next-Generation-Innovationen, die Neugründungen aktiv unterstützen und Investitionen zur Sicherung künftiger nachhaltiger Kapazitäten fördern; und
  •   Einführung neuer zirkulärer Geschäftsmodelle (zum Beispiel in Bezug auf Vermietung, Wiederverkauf und Recycling) und deren Ausweitung.

Vielleicht sollte der CSO doch lieber Chief Sustainability Transformation Officer (CTSO) genannt werden, da die Umgestaltung des Unternehmens der wichtigste Beitrag ist, den er oder sie leisten kann. Zu diesem Zweck muss die Person drei Aufgaben erfüllen, wenn sie zum künftigen Gesamterfolg des Unternehmens beitragen soll.

  1. Visionär: Er träumt von dem, was möglich ist, und setzt sich ehrgeizige Ziele.
  2. Buchhaltung: Er überprüft, bewertet und berechnet, was zur Durchführung positiver Veränderungen erforderlich ist.
  3. Umsetzung: Er ist in der Lage, den Wandel herbeizuführen.

Alles in allem muss sie in Bezug auf ESG nicht nur mit den Auswirkungen, die auf ihr Unternehmen einwirken, richtig umgehen, sondern auch mit den Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft – sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Stellen Sie sich den CSO mit einem Zauberwürfel in der Hand vor. Anders als bei einem traditionellen 2D-Verfahren, bei dem Nachhaltigkeitsbeauftragte die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt im Laufe der Zeit verwalten, dokumentieren und reduzieren, gibt es in diesem Fall eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten, die ein CSO koordinieren und aufeinander abstimmen muss, wenn die Strategie Erfolg haben soll.

Ausprobieren, testen und gewinnen

Genau wie damals, als zum ersten Mal jemand einen Zauberwürfel in die Hand nahm und versuchte, das Rätsel zu lösen (lange bevor YouTube-Videos zeigten, wie es geht), handelt es sich auch hier um ein Trial-and-Error-Spiel. Die Unternehmen müssen nach dem Test-and-Trial-Prinzip vorgehen, um die wirksamsten Lösungen auszumachen. Und es ist Aufgabe der CSO und ihrer Teams für Nachhaltigkeit, die Faktoren zu ermitteln und zu quantifizieren, die zum Erfolg führen, und die Lösungen in Geschäftsmodelle zu integrieren, wodurch Produkte, Prozesse und Abläufe für die Zukunft verbessert und verändert werden.

Wenn wir tatsächlich nicht mehr nur die Vorschriften einhalten, sondern unser Geschäft innovativ umgestalten wollen, muss die Funktion des CSO als Brücke zwischen der Geschäftsleitung und den Interessengruppen fungieren sowie ein ausgezeichneter Kommunikationspartner und eine Führungskraft mit direkter Verbindung zum CEO sein. Letztendlich hat nur der CSO einen vollständigen und genauen Überblick über die dringendsten und systembedingten Risiken und Chancen eines jeden Unternehmens.

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