Wer sein Unternehmen nachhaltig gestalten will, muss die häufigen Fehler vermeiden. Erfahren Sie, an welchen fünf Fehlern Nachhaltigkeitsmaßnahmen am häufigsten scheitern, und wie Sie Ihre Absichten in greifbare Ergebnisse verwandeln können.
Die Forschung ist sich einig: Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg gehen Hand in Hand. Egal, ob das Ziel in der Steigerung des Markenwerts oder der Erfüllung der Erwartungen von Stakeholdern besteht: Eine Nachhaltigkeitsstrategie ist für Unternehmen längst zu einem entscheidenden Instrument geworden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und klima- und naturbezogene Risiken zu bewältigen.
Doch wenn diese Tatsache allgemein bekannt ist, warum fehlt es dann so oft an spürbaren Fortschritten? Wenn Unternehmen Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen und Umweltziele erfüllen wollen, begehen sie oft eine Reihe von Fehlern, die den Erfolg zunichtemachen. Wir erklären die fünf häufigsten, die Ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen trotz bester Absichten langfristig untergraben – und was Sie dagegen tun können.
1) Perfekte Daten auf Kosten des Handelns
Oft wollen Entscheidungsträgerinnen und -träger genau wissen, wo sie stehen, bevor sie handeln, und geben sehr viel Geld aus, um möglichst genaue Daten zu erhalten. Doch das Streben nach Perfektion kann dazu führen, dass Unternehmen am Ende nicht mehr wissen,warum sie überhaupt in Datenerfassung investieren – und vergessen zu handeln. Dieses Phänomen wird als „Entscheidungslähmung“ bezeichnet und kann Unternehmen daran hindern, all die gesammelten Daten und Erkenntnisse sinnvoll zu nutzen (d. h. Entscheidungen zu treffen, mit denen sie ihre Ziele und Verpflichtungen erreichen). Das hat Verzögerungen, verpasste Chancen und einen allgemeinen Verlust an Dynamik zur Folge.
So machen Sie es besser: Die Perfektion darf nicht zum Feind des Fortschritts werden. Selbst die umfangreichste Datensammlung nützt nichts, wenn sie keine konkreten Handlungen zur Folge hat. Wir dürfen das „Warum“ hinter den gesammelten Daten nicht aus dem Augen verlieren. Welche Informationen verraten sie uns, die wir auf unserem Weg zur Nachhaltigkeit benötigen?
Der Wert von Nachhaltigkeitsdaten liegt in den Antworten und Erkenntnissen, die sie uns zu den Ursachen von Umweltproblemen vermitteln. Sie sollten genutzt werden, um Lösungen zu finden.Bereits mit leicht verfügbaren Daten von ausreichender Qualität lassen sich zahlreiche Fortschritte erzielen. Zusätzlich dazu können Sie eigene Daten sammeln und zur Präzisierung Ihrer Strategie verwenden.
2) Burn-out nach der Zielsetzung
Angesichts der zahlreichen neuen und dynamischen Rahmenbedingungen kann das Setzen wissenschaftsbasierter Ziele ein äußerst umfassendes, wenn auch wichtiges Unterfangen sein. Hinzu kommt, dass manche Unternehmen an Momentum verlieren, sobald sie ihre Ziele formuliert haben. Das Unterschätzen der gestellten Aufgabe ist einer der häufigsten Fehler und kann dazu führen, dass sich Teams ausgebrannt fühlen und der Fortschritt ins Stocken gerät.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass viele Unternehmen zu viel Zeit dafür aufwenden, sich Gedanken darüber zu machen, was erreicht werden muss, dass sie sich nicht ausreichend Gedanken darüber machen, wie sie dies erreichen wollen. Zu spät bemerken sie, dass sie gar nicht über das Wissen, die Kapazitäten oder die Ressourcen verfügen, um ihre Strategien umzusetzen. Damit bremsen sie nicht nur den eigenen Fortschritt aus, sondern laufen auch Gefahr, Greenwashing vorgeworfen zu bekommen, wenn Zusagen nicht eingehalten werden.
So machen Sie es besser: Öffentliche Nachhaltigkeitsversprechen sind lediglich der Anfang. Um die gesetzten Ziele und eine nachhaltige Transformation zu erreichen, müssen Unternehmen die Kluft zwischen ihrer momentanen Situation und dem gewünschten Istzustand analysieren. Potenzielle Hindernisse müssen früh erkannt werden. Dazu gehören zum Beispiel fehlende interne Kenntnisse oder Fähigkeiten oder inkompatible Prozesse, Governance-Strukturen oder Unternehmenskulturen. Anschließend müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das erspart spätere Probleme und erhält die Motivation Ihrer Teams aufrecht. Definieren Sie die Zuständigkeiten in der gesamten Organisation; weisen Sie die nötigen Ressourcen zu und legen Sie einen realistischen Zeitplan fest. Ein gut strukturierter Maßnahmenplan verwandelt ambitionierte Nachhaltigkeitsziele in praktische, erreichbare Meilensteine.
3) Vernachlässigung von Aspekten der unternehmerischen Überlebensfähigkeit
Im Bewusstsein der zahlreichen physischen, finanziellen und transformatorischen Risiken, die der Klimawandel für die Wirtschaft mit sich bringt, haben viele Unternehmen den Schwerpunkt ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen auf den Klimaschutz und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen gelegt. Allerdings ist das Klima nur ein Teil eines viel größeren planetaren Puzzles. Werden andere Umweltaspekte wie Biodiversität, Wasserqualität usw. vernachlässigt, könnte das Ihr Unternehmen gefährden und Ihre Maßnahmen für das Klima untergraben.
Jedes Unternehmen ist auf die eine oder andere Weise von der Natur abhängig, aber die überwiegende Mehrheit berücksichtigt das nicht in ihrer Arbeit. Dabei wird immer deutlicher, was für eine entscheidende Rolle die Natur für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Stabilität spielt. Die Schockwellen, die die Natur durch die zunehmende Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse in unseren Alltag sendet, und die Störung, der Rückgang und der Verlust von Ökosystemleistungen, von denen die Geschäftstätigkeit aller Unternehmen abhängt, bringen den Status quo ins Wanken und verursachen erhebliche Kosten und Verluste für die Wirtschaft.
So machen Sie es besser: Klima und Probleme sind miteinander verwoben. Darum werden ganzheitliche Lösungen benötigt, die die Wechselwirkung dieser verschiedenen Aspekte berücksichtigen. So kann zum Beispiel eine regenerative Landwirtschaft die Bodenfruchtbarkeit, die Biodiversität, die Pflanzenbestäubung und die Wasserregulierung verbessern und gleichzeitig die Emissionen reduzieren.
Unternehmen, die verstehen, welche Auswirkungen sie auf die Natur haben und wie sie von ihr abhängig sind, begreifen auch, wie sie sich an eine Welt im Wandel anpassen müssen, um Ungewissheit in Vorausblick zu verwandeln und physische, transformatorische und Reputationsrisiken zu verringern.
4) Fehlende Verbindung zwischen Umwelt- und Geschäftsentscheidungen
Wenn Nachhaltigkeitsmaßnahmen ihre maximale Wirkung entfalten sollen, müssen sie in das Geschäftsmodell integriert werden. Kaum jemand bestreitet das heutzutage noch. Nur: Warum tun es dann die wenigsten? Eine im Jahr 2023 durchgeführte BCG-Umfrage unter Corporate Directors ergab, dass zwar 66 % der Befragten der Meinung sind, dass Nachhaltigkeit ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein sollte, aber nur 25 % glauben, dass diese Forderung bis heute hinreichend umgesetzt ist. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Directors sich bevorzugt für Themen einsetzen, die ihrer Meinung nach wichtiger sind als Nachhaltigkeit.
Aber: Die Umweltrisiken für die Wirtschaft belaufen sich auf 44 Billionen Dollar. Sollen diese Risiken erfolgreich bewältigt werden, muss sich diese Einstellung ändern. Um ein Unternehmen gegen derartige Risiken zu wappnen, müssen seine Führungskräfte Nachhaltigkeit als unumgänglich betrachten, nicht als Option. Nachhaltigkeitsaspekte müssen bei jeder Geschäftsentscheidung berücksichtigt werden, und zwar in jeder Abteilung.
So machen Sie es besser: Nachhaltigkeitsziele können nicht durch die Nachhaltigkeitsabteilung allein erreicht werden. Die Fachbereiche des gesamten Unternehmens – Produktion, Beschaffung, Forschung und Entwicklung und sogar Marketing – müssen die vom Nachhaltigkeitsteam bereitgestellten Daten, Forschungen und Erkenntnisse in die eigenen Entscheidungen und Handlungen einfließen lassen. Führungskräfte müssen verstehen, wie sich Klima und Natur auf die Geschäftstätigkeit auswirken können, und Nachhaltigkeit zu einer Kernkomponente der Unternehmensidentität machen. Nur so kann eine dauerhafte Nachhaltigkeitskultur entstehen.
Wenn Sie Nachhaltigkeit von den anderen Geschäftsaktivitäten getrennt finanzieren, stellen Sie nicht genügend Ressourcen für die Umsetzung einer ganzheitlichen, nachhaltigen Unternehmenstransformation bereit. Anstatt Nachhaltigkeit isoliert zu budgetieren, sollten Sie überlegen, was jede Abteilung erreichen muss, und Nachhaltigkeit zu einem Fixposten im Jahresbudget jedes Teams machen.
5) Von Nachhaltigkeit sprechen, sie jedoch nicht im Alltag leben
Einige Unternehmen sehen keinen Fortschritt, weil ihre Maßnahmen in unterschiedliche Richtungen gehen. Zum Beispiel wird Lobbyarbeit für eine Politik betrieben, die der eigenen Nachhaltigkeitsagenda entgegenwirkt, oder es wird ein Nachhaltigkeitsteam etabliert, das nicht über den notwendigen Einfluss verfügt. Dadurch wird nicht nur das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher geschädigt, sondern auch dem Vorwurf des Greenwashing Tür und Tor geöffnet. Angesichts der zunehmenden Vorschriften und Berichtspflichten wird es für Unternehmen immer schwieriger, in dieser Form weiter zu wirtschaften, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
So machen Sie es besser: Ihre unternehmerischen Nachhaltigkeitsinitiativen müssen vom richtigen Narrativ begleitet werden und eine einheitliche Botschaft vermitteln. Um nicht die Glaubwürdigkeit zu verlieren, müssen Führungskräfte und Fachbereichsleiterinnen und -leiter prüfen, ob der Status quo die Nachhaltigkeitsvision des Unternehmens unterstützt oder untergräbt. Am Ende müssen geschäftliche Entscheidungen und Abläufe mit Ihren Zielen im Einklang stehen. Widersprüche sind immer ein Zeichen für Verbesserungsbedarf.
Vergeuden Sie keine Zeit damit, der Welt Ihr Nachhaltigkeitsnarrativ aufzudrücken, sondern setzen Sie sich dafür ein, Ihren Worten Taten folgen zu lassen. Überprüfen und berichten Sie regelmäßig über Ihre Fortschritte, um Ihr Nachhaltigkeitsengagement sowohl intern als auch extern sichtbar zu machen. Das fördert die Authentizität und Transparenz der Marke, was sowohl die Aktionärinnen und Aktionäre als auch die Verbraucherinnen und Verbraucher freuen wird. Denn es kommt nicht auf Perfektion an, sondern auf Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit.
Effektive Nachhaltigkeitsvorhaben von Unternehmen müssen dynamisch und transformativ sein. Nachhaltigkeitsziele können und müssen dafür genutzt werden, die Aktivitäten von Unternehmen auf eine Zukunft auszurichten, in der wirtschaftlicher Erfolg mit dem Fortbestand regenerativer Ökosysteme und den gegebenen planetaren Grenzen einhergeht.
Denken Sie bei der Umsetzung Ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen stets daran, dass es bei Nachhaltigkeit nicht nur um die Minderung von Risiken oder die Einhaltung von Regularien geht: Es geht darum, Erfolg auf eine neue Weise zu definieren, die mit dem Wohl unserer Umwelt und unserer Gesellschaft im Einklang steht. Die Grenzen unseres Planeten sind auch die Grenzen, in denen sich Unternehmen bewegen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.