Der Klimawandel kann – und wird – nicht ignoriert werden. Es gibt klare und dringende geschäftliche Gründe, die mit dem Klimawandel einhergehenden Risiken hier und jetzt zu erkennen, anzugehen und abzumildern.
Risiken sind ein unumgänglicher Teil des Geschäftslebens. Deshalb sind Risikofaktoren ein grundlegender Bestandteil jedes Geschäftsplans und der Grund dafür, dass jedes ernstzunehmende Unternehmen über eine Risikomanagementstrategie verfügt. Risikobewusstsein, Risikoverständnis und Risikobereitschaft sind entscheidend, wenn es darum geht, die Risiken zu mindern und langfristige Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Es gibt jedoch ein Risiko, vor dem viele Unternehmen die Augen verschließen: das Klimarisiko.
Klimakatastrophen können nicht mehr als isolierte oder zufällige Ereignisse betrachtet werden: Sie sind ein Symptom unserer globalen ökologischen Krise und eine Bedrohung für Menschen, Unternehmen und den Planeten. Es steht viel auf dem Spiel, und Unternehmen, die im Geschäft bleiben wollen, müssen unverzüglich beginnen, ihre kurz- und langfristigen Klimarisiken zu bewerten und anzugehen.
Prognosen zufolge werden die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken Unternehmen in den nächsten Jahren Milliarden kosten – durch Unterbrechungen der Lieferketten, erhöhte Betriebskosten, Kapitalverlust, Strafzahlungen und mehr. Die Unternehmen werden sich auch mit den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeitenden auseinandersetzen müssen. Die finanziellen und menschlichen Kosten, die durch die unzähligen Auswirkungen der Umweltkrise entstehen, überwiegen bei weitem die kurzfristigen Vorteile langjähriger Praktiken.
Hinzu kommt, dass die Bewältigung von Klimarisiken auch für das Pflegen guter Beziehungen zu den Investoren immer wichtiger wird. Anleger prüfen das Klimarisiko von Unternehmen heute, indem sie ihre Widerstandsfähigkeit unter die Lupe nehmen und abwägen, wie gut sie auf die kommenden klimabedingten Herausforderungen und Chancen vorbereitet sind.
Unternehmen, die jetzt Maßnahmen ergreifen, um diese Risiken zu erkennen und anzugehen, werden auf lange Sicht nicht nur von niedrigeren Kosten, sondern auch von einer besseren Reputation ihrer Marke und der erlangten Resilienz profitieren.
Das Unvorhersehbare vorhersagen
Oberflächlich betrachtet scheint das Klimarisiko mehr oder weniger selbsterklärend zu sein: eine Reihe potenzieller nachteiliger Ergebnisse oder Folgen für ein Unternehmen, die sich aus den Auswirkungen des Klimawandels (Dürre, Biodiversitätsverlust, Artenmigration, Waldbrände) ergeben. Es kann natürlich verlockend sein, diese Risiken auf die leichte Schulter zu nehmen und zu meinen, sie würden die herkömmlichen Geschäftsrisiken lediglich verschärfen. Dies würde jedoch ihren Ausmaßen und ihrer Schwere nicht gerecht werden. In Anbetracht seiner Dringlichkeit und Unwägbarkeit kann – und wird – der Klimawandel nicht ignoriert werden. Es gibt einen klaren geschäftlichen Grund, die Risiken, die der Klimawandel mit sich bringt, zu erkennen, anzugehen und abzumildern.
Die klimatischen Veränderungen wirken sich zunehmend auf Unternehmen aus und verschärfen zahllose andere Risikofaktoren, zumal sich unsere Umwelt in noch nie dagewesener Weise verändert. Um Widerstandsfähigkeit aufzubauen, müssen sich Unternehmen auf Instabilität einstellen und danach streben, die Risiken für ihr Sach- und Humankapital in ihren weltweiten Betriebsstätten zu mindern. Dies beginnt damit, das Ausmaß und die Art der Klimarisiken zu erkennen und zu verstehen. Der Klimawandel wird auf jeden Fall spürbar werden, aber wodurch, wie und wo, das ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden.
Definition lang- und kurzfristiger Risiken: Kurz- und langfristige Auswirkungen
Im Zuge der Klimainstabilität drohen sowohl sofortige als auch spätere Auswirkungen. Letztere erfordern Ihre unmittelbare Aufmerksamkeit – sie sind nämlich schon spürbar. Wahrscheinlich sind sie in Ihrer Lieferkette, in Versicherungsfällen, in der Berichterstattung oder in Gesprächen mit Kollegen bereits Thema geworden. Die Erstellung eines realistischen Plans zur Bewältigung der zunehmenden Störungen und der Instabilität, die der Klimawandel zweifellos mit sich bringen wird, ist die beste Möglichkeit für Unternehmen, dessen kurzfristigen Bedrohungen zu bewältigen.
Bei den langfristigen Auswirkungen ist mehr Spielraum vorhanden, um die zugrundeliegenden Risikotreiber zu identifizieren und zu adressieren. Wenn Sie hier und jetzt damit beginnen, Maßnahmen zu ergreifen, können Sie diese Risiken mindern und es bleibt noch Zeit, um einen anderen Weg einzuschlagen. Ein solides Programm für ökologische Nachhaltigkeit, das sich auf eine Bewertung der Klimarisiken stützt, kann Ihnen helfen herauszufinden, wo diese Auswirkungen voraussichtlich auftreten werden und wie Sie Ihr Unternehmen vor ihnen schützen können.
Laut dem Global Risks Report 2022 des Weltwirtschaftsforums zählen Umweltrisiken der Kategorien kurz-, mittel- und langfristig zu den zehn größten Bedrohungen der Menschheit. Die Befragten waren sich darin einig, dass extreme Wetterbedingungen, Klimaschutzversagen und Existenzkrisen unmittelbare kurzfristige Bedrohungen sind, mit denen die Menschheit bereits konfrontiert ist.
In den nächsten zehn Jahren könnten alle zehn größten Bedrohungen für die Menschheit in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit der Klimakrise stehen: Klimaschutzversagen, extreme Wetterbedingungen, Biodiversitätsverlust, Knappheit natürlicher Ressourcen, vom Menschen verursachte Umweltschäden und mehr. Diese Risiken gelten als unmittelbar und bedrohlich – und Bedrohungen für die Menschheit sind naturgemäß auch Bedrohungen für die Wirtschaft.
Das Klimarisiko: ein ganz anderes Phänomen (aber mit bekannten Merkmalen)
Klimarisiken fallen in bekannte Risikokategorien, aber in einem neuen Kontext. Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie sich diese Risiken auf Ihr Unternehmen auswirken können – und ob es Möglichkeiten gibt, die Widerstandsfähigkeit Ihres Unternehmens zu stärken.
Anleger, Verbraucher und Mitarbeitende richten ihr Augenmerk zunehmend auf Unternehmen, die über Strategien und Verfahren zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen verfügen. Während Unternehmen also ihre Klimarisiken verstehen müssen, ist es ebenso wichtig, dass sie die Chancen erkennen und nutzen, die sich aus der Bewältigung dieser Risiken und dem Aufbau von Resilienz gegen Klimarisiken ergeben. Ob durch einen effizienten Umgang mit Ressourcen, den Umstieg auf alternative Energiequellen, die Umstellung auf emissionsarme Produkte oder Dienstleistungen oder Investitionen in neue Märkte – die Nutzung der mit den Klimarisiken einhergehenden Chancen ist ein Gradmesser für die Fähigkeit Ihres Unternehmens, zu wachsen und sich an die sich verändernde Umwelt anzupassen. Nach dieser Agilität halten Investoren Ausschau, weil sie in ihr einen Schlüsselindikator für die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens sehen.
Allerdings steigt die Sensibilität der Verbraucher für Unternehmen, die ein umweltbewusstes Verhalten zwar vorspiegeln, in Wahrheit aber umweltschädliche Strategien und Praktiken verfolgen. Dies wird oft als „Greenwashing“ bezeichnet. Eine offene und authentische Darstellung Ihrer Ziele und Bemühungen ist entscheidend, wenn es darum geht, Risiken in Chancen umzuwandeln.
Die Auswirkungen ungemilderter Klimarisiken berücksichtigen
Auf den Punkt gebracht: Die Hände in den Schoß zu legen ist keine Option – denn die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels sind unvorstellbar.
Wirtschaftsmodelle liefern düstere Vorhersagen über die Schneeballeffekte einer unkontrollierten Klimainstabilität. Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden und die globalen Temperaturen um 3,2 °C ansteigen, könnte die Weltwirtschaft bis Mitte des Jahrhunderts 18 % des BIP verlieren. Ohne eine angemessene Abmilderung der Klimarisiken werden diese Auswirkungen ungeheure Ausmaße annehmen und alle Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche durchdringen. Es könnte sogar noch schlimmer kommen. Laut Weltbank sind die derzeitigen Wirtschaftsmodelle zu optimistisch – die tatsächlichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft und das menschliche Leben könnten weitaus schlimmer ausfallen als prognostiziert.
In den letzten Jahren konnten wir beobachten, dass geopolitische Katastrophen zu Engpässen, Preissteigerungen und Ausfällen der Verkehrsnetze führten. Diese Beispiele für die Volatilität der Lieferketten können als Vorgeschmack auf ähnliche oder sogar noch größere Verwerfungen verstanden werden, die durch die physischen und vorübergehenden Auswirkungen des Klimawandels verursacht werden. Ohne angemessene Strategien zur Minderung des Klimarisikos und zur Anpassung an den Klimawandel setzen sich Unternehmen finanziellen Risiken, Markenschäden, Schäden an Vermögenswerten und Betriebsabläufen sowie rechtlichen Risiken aus. Wenn die Versorgung mit Rohstoffen eingeschränkt oder unterbrochen wird, steigen die Kosten sowohl für die Unternehmen als auch für die Verbraucher. Außerdem steigen die Versicherungsprämien, da Extremwetterlagen und Arbeitskräftemangel zu unsicheren und unvorhersehbaren Bedingungen führen.
In der Belegschaft werden Klimarisiken besonders deutlich: Klimabedingte berufliche Gefahren betreffen Mitarbeitende drinnen und im Freien, verschärfen bestehende gesundheitliche, sicherheitsbezogene und sozioökonomische Probleme und öffnen neuen Gefahren, sowohl physischer als auch psychischer Natur, Tür und Tor. Die Weltgesundheitsorganisation nennt mehrere Bereiche, in denen Arbeitende besonders gefährdet sind: in der Produktion, im Transportwesen, in Versorgungsbetrieben und in der Landwirtschaft. Ein Arbeitskräftemangel in diesen wichtigen Branchen hätte weitreichende Folgen und könnte zu einer Kaskade von negativen Auswirkungen auf das menschliche Wohlbefinden und die Wirtschaft insgesamt führen.
Fazit: Wenn Sie Ihr Unternehmen vor den realen und schwerwiegenden Gefahren des Klimawandels schützen möchten, müssen Sie wissen, wo Ihr Unternehmen steht, und unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um seine Widerstandsfähigkeit in Zeiten der Klimakrise zu erhöhen.
Sechs Schritte zur Risikobewertung
Es gibt keine Zeit zu verlieren. Die folgenden Schritte unseres Risikobewertungsprozesses orientieren sich am Rahmenwerk der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD). Sie können als Leitfaden für Unternehmen dienen, die bemüht sind, ihre klimabezogenen Risiken und Chancen offenzulegen.
- Sorgen Sie für eine entsprechende Corporate Governance: Integrieren Sie Klimarisiko- und Szenarioanalysen in die strategische Planung und die Risikomanagementprozesse Ihres Unternehmens. Übertragen Sie die Aufsicht an den zuständigen Vorstandsausschuss oder an Unterausschüsse. Legen Sie dann fest, welche internen und externen Stakeholder auf welche Weise einbezogen werden sollen.
- Bewerten Sie die Wesentlichkeit der Klimarisiken: Analysieren Sie Ihre Geschäftstätigkeit – wo sehen Sie aktuelle oder potenzielle klimabezogene Risiken und Chancen? Achten Sie besonders auf technologische Umbrüche im Markt, Reputationsfolgen, politische und rechtliche Fragen sowie physische Risiken und überlegen Sie, ob Ihre Stakeholder von diesen Dingen betroffen sind. Ordnen Sie dann die identifizierten Risiken und Chancen nach ihrem Einfluss auf den nachhaltigen Erfolg des Geschäftsmodells Ihres Unternehmens.
- Identifizieren und definieren Sie eine breite Palette von Klimaszenarien: Um die Widerstandsfähigkeit Ihres Unternehmens in einem breiten Spektrum möglicher Zukunftsszenarien zu bewerten, sollten Sie in Ihre Szenarioanalyse sowohl physische als auch Übergangsszenarien einbeziehen. Wichtig ist, dass Sie dabei Extremtemperaturschwellen und unterschiedliche sozioökonomische Pfade ausreichend berücksichtigen. Mindestens eines Ihrer Szenarien sollte eine Zukunft zeichnen, in der der durchschnittliche globale Temperaturanstieg auf 2 °C oder besser noch auf 1,5 °C begrenzt wird. Entwickeln Sie die Eingabeparameter, Annahmen und analytische Optionen, die Ihre Szenarioanalyse einschränken und leiten. Erwägen Sie die Verwendung glaubwürdiger, öffentlich verfügbarer Szenarien, z. B. der vom IPCC entwickelten physikalischen Szenarien und der von der IEA oder vom NGFS entwickelten Übergangsszenarien. Halten Sie sich an die Leitlinien von TCFD, CDSB, CDP und/oder anderen, um Ihr Szenario möglichst genau zu definieren.
- Bewerten Sie den geschäftlichen Impact: Welche potenziellen Auswirkungen hat jedes Szenario auf die strategische und finanzielle Position Ihres Unternehmens? Achten Sie darauf, die Auswirkungen auf Investitionskosten, Betriebskosten, Umsätze, Lieferkette, Geschäftskontinuität und Zeitplan abzuwägen. Die Quantifizierung der geschäftlichen Auswirkungen und die Definition ihrer finanziellen Wesentlichkeit helfen Ihnen, die identifizierten Risiken und Chancen anhand der Unternehmensfinanzen, der Proxy-Daten und der Parameter der definierten Szenarien zu priorisieren.
- Zeigen Sie mögliche Antworten auf: Nutzen Sie diese Ergebnisse, um realistische Entscheidungen zu identifizieren, die den Umgang mit den zuvor skizzierten Risiken und Chancen erleichtern. Erwägen Sie notwendige Anpassungen. Mögliche Antworten können Änderungen Ihres Geschäftsmodells, Ihrer Portfoliozusammensetzung oder Ihrer Investitionen in neue Fähigkeiten und Technologien sein.
- Sorgen Sie für Dokumentation und Offenlegung: Schließlich sollten Sie den Prozess dokumentieren, ihn gegenüber den Betroffenen offenlegen und bereit sein, die wichtigsten Faktoren, Annahmen, Analysemethoden, Ergebnisse und potenziellen Managementreaktionen offenzulegen.
Die Resilienz des Unternehmens durch Risikominderung und Anpassung stärken
Sobald Sie die Risiken Ihres Unternehmens in Bezug auf klimatische Instabilität ermittelt und bewertet haben, können Sie mit dem Aufbau einer echten Widerstandsfähigkeit gegen Klimarisiken beginnen. Ein besseres Verständnis Ihres Klimarisikos ist der erste Schritt, der Ihnen die Möglichkeit gibt, Maßnahmen zu ergreifen, die einen bedeutenden Wandel fördern.
Planung und Praxis von Klimaresilienz sehen für jedes Unternehmen anders aus – es gibt kein Patentrezept und keine Einheitslösung. Für Unternehmen mit einem erheblichen physischen Risiko betreffend die Kontinuität und Verfügbarkeit von landwirtschaftlichen Rohstoffen in der Lieferkette könnte dies bedeuten, mit Lieferanten, Genossenschaften und Regierungen zusammenzuarbeiten, um Erträge und Preise trotz turbulenter Wetterbedingungen stabil zu halten. Für Unternehmen mit einem erheblichen Übergangsrisiko durch sich rasch entwickelnde Mechanismen zur Bepreisung von Kohlenstoff könnte dies bedeuten, aggressive Klimastrategien festzulegen, die den Ausstoß von Treibhausgasen in ihrem gesamten Betrieb reduzieren. Und für Unternehmen mit einem erheblichen Übergangsrisiko in Verbindung mit nachgelagerten Märkten, die den Absatz antreiben, könnte dies bedeuten, Pläne zur Umgestaltung ihres Geschäfts zu entwickeln, aufstrebende kohlenstoffarme Märkte zu erfassen und Reputationsrisiken zu begrenzen.
Was also ist für Ihr Unternehmen die beste Strategie zur Minderung des Klimarisikos und zur Anpassung an den Klimawandel? Es ist die Strategie, die Sie auf der Grundlage eines tiefgreifenden Verständnisses der wichtigsten Klimarisiken Ihres Unternehmens innerhalb Ihrer Wertschöpfungskette entwickeln.
Und obwohl die Bewertung und Offenlegung klimabezogener Risiken von entscheidender Bedeutung ist, kommt es darauf an, wie Sie auf der Grundlage dieser Informationen Resilienz aufbauen und neue Chancen erschließen.