“Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für den Planeten, menschliches Wohlergehen und Gesundheit. Jede weitere Verzögerung bei konzertierten globalen Maßnahmen wird das kurze, sich schnell schließende Zeitfenster zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft verpassen.”
““Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für den Planeten, menschliches Wohlergehen und Gesundheit. Jede weitere Verzögerung bei konzertierten globalen Maßnahmen wird das kurze, sich schnell schließende Zeitfenster zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft verpassen.”
Den Auftakt dieser Woche bildete die Veröffentlichung des jüngsten Berichts der Arbeitsgruppe II des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit dem Titel „Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability“. Es handelt sich dabei um den zweiten Teil des jüngsten Bewertungsberichts über den Zustand des Planeten, in den die Arbeit von Tausenden Wissenschaftlern eingeflossen ist und dessen Erstellung über sieben Jahre gedauert hat. Mehr als alle Vorgängerberichte erkennt der neue Bericht die Wechselwirkungen zwischen Klima, Biodiversität und menschlichen Gesellschaften an.
Bezeichnenderweise ist es auch der letzte große Bericht des IPCC vor 2030, dem Jahr, bis zu dem wir die weltweiten Emissionen mindestens halbiert haben müssen, wenn wir die verheerendsten Auswirkungen des Klimawandels vermeiden wollen.
Der Bericht enthält düsterste Warnungen für den Fall, dass es nicht gelingt, die Emissionen zu verringern und den weiteren Anstieg der globalen Temperaturen zu verhindern. Bereits jetzt leben wir mit vielen der Veränderungen. Die starke Häufung extremer Wetterereignisse wird sich fortsetzen. Keine Region wird von ihnen verschont bleiben und die Hälfte der Weltbevölkerung wird durch die Auswirkungen des Klimawandels „hochgradig gefährdet“ sein. Nahrungsmittel- und Wasserknappheit werden zunehmen, die Artenvielfalt wird enorm zurückgehen und der Meeresspiegel wird weiter ansteigen. Inseln und ganze Küstengebiete werden im Ozean versinken.
Aber es gibt auch einen kleinen Hoffnungsschimmer. Der Bericht besagt, dass es ein – wenn auch nur kurzzeitiges – Chancenfenster gibt, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen und die schwerwiegendsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden.
Wie können Unternehmen die Ergebnisse des Berichts interpretieren und richtig auf sie reagieren? Am wichtigsten ist es, dass sie durch rasche Emissionssenkungen unverzüglich einen aktiven Beitrag zum Klimawandel leisten. Untätig zu bleiben ist einfach keine Option. Die Unternehmen müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Belastungsgrenzen des Planeten nicht länger zu überschreiten. Gleichzeitig müssen sie Risikominderungs- und Anpassungsstrategien entwickeln, um sich auf die sich bereits abzeichnenden Veränderungen einzustellen. Die Anpassung darf jedoch nicht als Ausrede dienen, um Maßnahmen hinauszuzögern.
Was können Unternehmen mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen anfangen?
Die Zeit der bruchstückhaften, halbherzigen Maßnahmen ist vorbei. Die gesetzten Ziele müssen jetzt erreicht werden. Die Unternehmen können – und müssen – viel tun, um die Bedrohungen für unseren Planeten und damit auch die Risiken für sich selbst zu verringern.
+ Mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie. Es ist unmöglich, über die Klimakrise zu sprechen, ohne gleichzeitig die Biodiversitätskrise zu betrachten. Der Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme ist entscheidend, wenn es darum geht, Widerstandsfähigkeit gegen Klimarisiken zu entwickeln. Aber während die meisten Unternehmen über CO2 Bescheid wissen, verstehen längst nicht so viele die Risiken, die der Verlust der Artenvielfalt für ihre Unternehmen darstellt. Damit verpassen sie eine Chance, sowohl für die Verringerung der Umweltauswirkungen als auch bei der Anpassung des Unternehmens.
Die Unternehmen müssen ihre Beziehung zur Natur neu denken. Das betrifft nicht nur Branchen, die einen direkten Bezug zur Landnutzung haben, wie die Lebensmittelindustrie und die Landwirtschaft. Auch Unternehmen, die dringend notwendige Veränderungen sowohl in Bezug auf das Klima als auch auf die biologische Vielfalt bisher nicht umgesetzt haben, müssen jetzt umdenken. Schätzungen zufolge hängen mindestens 55 % des weltweiten BIP von Ökosystemleistungen ab. Der Bericht macht deutlich, dass ein „business as usual“ die Zerstörung der Ökosysteme und damit ihrer Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern und die Temperatur zu regulieren, beschleunigen wird.
+ Ihre Risiken kennen. Der Klimawandel und der Verlust der Dienste, die die biologische Vielfalt für die Gesellschaft erbringt, gefährden die Unternehmen – insbesondere diejenigen, die auf Wälder, Land und Agrarwirtschaft angewiesen sind. Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, dass die verpflichtende Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken zur neuen Normalität wird. In Ländern wie Neuseeland, Großbritannien und der Schweiz ist die Offenlegung der entsprechenden Risiken bereits vorgeschrieben oder vorgesehen. Geht man von den jüngsten Maßnahmen der US-Börsenaufsicht SEC aus, dürften die USA bald folgen. Selbst dort, wo die Berichterstattung über das Klimarisiko noch nicht verpflichtend ist, üben Interessengruppen bereits beträchtlichen Druck aus, dies zu ändern. Ein Beispiel sind die jüngsten Ereignisse bei Blackrock.
Doch Kurzschlussreaktionen oder reine Compliance-Übungen bringen nichts. Unternehmen, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse verfolgen, können die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, besser verstehen. Sie können sie in ihren Strategien berücksichtigen und Widerstandsfähigkeit aufbauen, um ihr Geschäft zukunftssicher zu machen. Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) setzen dies bereits in die Tat um. Sie geben Nachhaltigkeitsfachleuten die Instrumente an die Hand, die sie benötigen, um die Auswirkungen des Klimawandels und des Naturverlusts zu erforschen und Pläne zu entwickeln, die ihren Unternehmen bei der Anpassung helfen.
+ Ehrgeizige wissenschaftlich fundierte Ziele definieren. Es hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit der Initiative „Science Based Targets“ (SBTi) nicht nur zu Emissionsreduzierungen führt, sondern auch gut für das Geschäft ist. Unternehmen, die in dieser Hinsicht erfolgreich sind, stärken den Ruf der Marke und das Vertrauen der Investoren. Sie sind auch besser auf die bevorstehenden Regularien vorbereitet. Aber Unternehmen sollten nicht nur das Klima im Blick haben. Das Science Based Targets Network (SBTN) kann ihnen auch bei der Festlegung von Zielen für andere Umweltbereiche (Land- und Wassernutzung, Integrität von Ökosystemen) helfen. Ein solcher ganzheitlicher Ansatz ist entscheidend, um Zielkonflikte zu vermeiden.
+ Die Lieferkette unter die Lupe nehmen. Nur wenige Unternehmen wissen, wie sich der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt auf ihre Zulieferer auswirken werden. Der IPCC-Bericht legt nahe, dass die Landwirtschaft besonders gefährdet ist. Viele Lebensmittel- und Getränkehersteller spüren bereits die Auswirkungen des Klimawandels: extreme Wetterereignisse, Pflanzenkrankheiten und andere Stressfaktoren, die ihre Lieferketten stören. Unternehmen müssen wissen, aus welchen Regionen ihre Rohstoffe kommen und wie diese vom Klimawandel betroffen sind. So können sie nicht nur ihre Klimaauswirkungen genau berechnen, sondern auch die Risiken verstehen, denen sie ausgesetzt sind.
Anstatt ihre Abhängigkeit von landwirtschaftlichen Rohstoffen zu verstärken (insbesondere von solchen, die in Hochrisikoregionen angebaut werden oder besondere Klimabedingungen erfordern), müssen die Unternehmen ihr Geschäftsmodell oder ihre Strategie ändern. Auf diese Weise können sie ihre Widerstandsfähigkeit stärken. Wie können Unternehmen angesichts der physischen Risiken und des Wandels, mit denen sie konfrontiert sind, für eine blühende Zukunft sorgen? Der IPCC-Bericht wird den Druck, diese Frage zu beantworten, vermutlich noch verstärken, zumal die Verbraucher immer besser informiert sind und immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Tisch gelegt werden.
Auf diesem kritischen Scheideweg ist schnelles und entschlossenes Handeln gefragt. Je länger die Unternehmen damit warten, Änderungen vorzunehmen, desto schwieriger wird es, den Kurs zu korrigieren, da sich das Zeitfenster zunehmend schließt. Es gibt keinen einfachen Ausweg aus diesem Dilemma. Unternehmen, die darauf warten, dass andere die Führung übernehmen, bringen sich und den Planeten nur noch mehr in Gefahr.